HebaPäd 2025 (Beitrag abgesagt)

Management für Hebammenwissen 2.0:
Das Hebammenwiki als Tool im Hebammenstudium

Hintergrund

Einige Professionen in der Digitalbranche haben seit vielen Jahren auf internationaler Ebene “Body of Knowledges” – übersetzbar mit “Wissenskörper” oder “Wissensfundus” – formuliert. So ist der “Systems Engineering Body of Knowledge” (SEBoK) als Wiki verfügbar ( siehe sebokwiki.org) und wird regelmäßig aktualisiert. Dafür stellen das International Council on Systems Engineering (INCOSE), das Institute of Electrical and Electronics Engineers Systems Council (IEEE-SYSC) und das Stevens Institute of Technology die finanziellen und technischen Ressourcen, um die Plattform kostenlos und frei zugreifbar zu halten. Der SEBoK und seine Abschnitte werden von Expert*innen und einer studentischen Hilfskraft redaktionell erarbeitet.

Hebammen haben ebenfalls einen Wissensfundus: “Die Hebammenkunde”, früher auch “Das Hebammenbuch”. Beide Werke sind historisch gewachsen und obschon ihrer fachlichen Qualität nicht streng evidenzbasiert; sowohl inhaltlich als auch in ihrere Sytematik.

Ein Wiki hätte andere, zur Professionalisierung der Hebammen höchst relevante Potentiale: Kollaboratives Erarbeiten der Inhalte ermöglicht die Aufnahme und Diskussion “traditionellen” Hebammenwissens; es können wissenschaftliche Kompetenzen – wie bspw. Reflektion zu rate gezogener Quellen – kleinskaliert zu jedem Zeitpunkt der Hebammenkarriere erlernt und geübt werden; Hebammenforschung kann in Artikelabschnitten explizit abgefragt und sichtbar gemacht werden; Hebammenwissen ist digital, “in der Hosentasche” und räumlich unabhängig verfügbar.

Zu diesem Zweck wurde die Hebapedia (bislang unter “hebammenwiki.de” erreichbar”) ins Leben gerufen. Sie ist zur Sammlung des Wissens, aber auch zum Erlernen und Praktizieren wissenschaftlicher Methoden geeignet.

Es existieren keine Informationen über empirische Forschung zur Nutzung von Wikis in der deutschen Hebammenwissenschaft.

In diesem Beitrag werden die Ergebnisse der Anwendung der Hebapedia in einzelnen Lehrveranstaltungen präsentiert.

Methode

Die Plattform ist unter hebammenwiki.de erreichbar. Es wird die Sofware „MediaWiki“ via der Wikifarm Miraheze genutzt.

2012

Hebammenwiki 1.0 geht an den Start. Initiiert wurde es von Michaela Michel-Schuldt und und Elke Mattern

2022

Die Arbeit am Hebammenwiki 1.0 wird von Lea Apitz übernommen und so zum „Hebammenwiki 2.0“.

Die Initiative bekommt Unterstützung durch die Hebammengemeinschaftshilfe.

Es folgt der technische Aufbau und das Prototypendesign.

2024

Ein gestellter Projektantrag wird abgelehnt.

Das Hebammenwiki findet erste Anwendung im Hebammenstudium.

Lea Apitz verwendet ihr EXIST Women-Stipendium zur Arbeit an der Idee.

2025

Das Hebammenwiki wird zur Hebapedia, bekommt einen neuen Look und wird auf der HebaPäd 2025 (Beitrag abgesagt) und dem Hebammenkongress vorgestellt.

Design

Die Veranstaltungen wurden virtuell durchgeführt: ein 90-minütiger Workshop, eine Lehrveranstaltung über 1 SWS zum Thema queersensible Arbeit. Mithilfe von Menti wurden den Studierenden vor bzw. nach der Veranstaltung offene Fragen gestellt.

Ergebnisse

Studierende äußerten klare Erwartungen an die Hebapedia:

  • Bedarf an schneller Orientierung und einer einfach nutzbaren Oberfläche
  • Wunsch nach evidenzbasierten und verlässlichen Informationen
  • Fragen zur Qualitätssicherung („Wer prüft die Artikel?“, „Gibt es ein Lektorat?“)
  • Interesse an einem einheitlichen, gut strukturierten Nachschlagewerk

Positive Vermutungen

  • Wunsch: Seriöse, verlässliche, evidenzbasierte Informationen
  • Die Plattform kann als Nachschlagewerk funktionieren
  • Man kann Erfahrungen und Wissen von anderen Hebammen erhalten
  • Schnelle und aktuelle Antworten auf konkrete Fragen
  • Einheitliche Informationen
  • schnelles Nachgucken, schönere und einfache Nutzeroberfläche, viele Mitglieder
  • Quellenverzeichnis

Fragen

  • Wer prüft die Evidenzen?
  • Wie funktioniert das Hebammenwiki?
  • Werden Artikel geprüft?
  • Werden die Inhalte gegengelesen/ auf Richtigkeit kontrolliert?

Die Rückmeldungen aus der praktischen Arbeit mit der Hebapedia zeigen:

  • Kritikpunkte: Begriff „Wiki“ weckt bei einigen Skepsis; Wunsch nach vorbereitendem Tutorial oder Anleitung vorab
  • Die Plattform wurde als nützlich, sinnvoll und gut verständlich wahrgenommen
  • Studierende berichteten von einem hohen Lerneffekt, insbesondere im Umgang mit Quellen
  • Technische Einstiegshürden (z. B. Kontoanlage, Wiki-Syntax) wurden benannt, jedoch meist erfolgreich überwunden
  • Gestaltungsfreiheit und die praktische Relevanz wurden positiv hervorgehoben
  • Zeitmanagement war ein zentrales Thema – mehr Zeit = bessere Inhalte
Antworten der Studierenden
  • Sinnvolles Medium damit eine gute Aufklärung unter Hebammen entstehen kann
  • relativ einfache Nutzung (gute) , sehr sinnvoll
  • Sehr gut, wenn es mit mehr Informationen „gefüttert“ ist. Zeitmanagement schwierig. Mehr Zeit hätte einen besseren Artikel hervorgebracht.
  • Bei guter Auseinandersetzung einfache Anwendung
  • Themenbereiche etwas mehr eingrenzen, dass man in der Zeit mehr schaffen kann
  • War sehr einfach und gut verständlich. Ich fand es gut, dass wir es relativ frei gestalten konnten und du uns gut Gefolgen hast. Gute Idee!
  • Super praktische und hilfreiche Website.
  • Cooles Format, man braucht ein bisschen Zeit um alles zu verstehen. Aber für Zukunft hilfreich
  • Das Hebammenwiki ist eine echt gute Sache. Anfangs ist es etwas schwer zurecht zukommen, mit verlinken und einfügen der Quellen. Man braucht aber auf jeden Fall die Zeit, die wir heute hatten. [90min nur für die Plattform]
  • „Wiki“ als Name eher denkwürdig, weil einem immer von Wikipedia abgeraten wird
  • Bei uns gab es soweit keine Probleme, wir waren mit unserer Quellenlage etwas unsicher, aber man konnte ja jederzeit nachfragen,aber ansonsten hat es echt Spaß gemacht und sich auch sinnvoll angefühlt
  • evtl vorher Anleitung, wie Bearbeitung funktioniert, schon den Student*innen geben/ online stellen auf Moodle, damit du das nicht in jeder Kleingruppe einzeln erklären musst

Erfahrungen aus Dozierendensicht

  • Konto anlegen funktionierte bei einigen nicht, Verifizierung per Mail teils unklar
  • Schreibrechte müssen funktionieren
  • Genügend Zeit! Idealerweise wird die Hebapedia über längere Zeit genutzt
  • Zuerst muss die Methode erlernt werden, damit die fachliche Arbeit beginnen kann.
  • Literaturvorschläge, ggf. sollten Textbausteine vorbereitet sein für die Einführungsstunde

Diskussion

Die ersten Rückmeldungen zur Hebapedia im Rahmen von Lehrveranstaltungen deuten auf eine grundsätzliche Offenheit und hohe Nutzungsbereitschaft unter Studierenden hin. Die Plattform wird mehrheitlich als niedrigschwelliges, sinnvolles Medium wahrgenommen, um Wissen kollaborativ zu strukturieren und weiterzugeben.

Zugleich zeigen die Kommentare und Rückfragen, dass zentrale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung gegeben sein müssen: Dazu zählen technische Zugänglichkeit, ausreichende Zeitressourcen sowie eine transparente Einbettung in den Lehrkontext. Fragen der Qualitätssicherung, der redaktionellen Betreuung sowie der inhaltlichen Tiefe wurden mehrfach thematisiert – sowohl vor als auch nach der Anwendung. Einzelne Anmerkungen legen nahe, dass eine vorbereitende Schulung oder Anleitung die Einstiegshürden senken könnte.

Diese ersten Beobachtungen basieren auf qualitativen Rückmeldungen und erlauben keine Verallgemeinerung. Sie liefern jedoch wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Hebapedia als bildungsbezogenes Tool und legen die Grundlage für systematische wissenschaftliche Untersuchungen.

Fazit

Die Hebapedia bietet Potenzial als partizipatives Wissens- und Lerninstrument im Hebammenstudium. Um die Wirksamkeit und Akzeptanz nachhaltig zu evaluieren, sind weitere empirische Erhebungen notwendig. Insbesondere bieten sich folgende Studiendesigns an:

  • Qualitative Studien (z. B. Fokusgruppen, Leitfadeninterviews), um die Perspektiven und Nutzungspraktiken von Studierenden und Lehrenden vertieft zu erfassen
  • Mixed-Methods-Ansätze, um qualitative Eindrücke mit quantitativen Daten (z. B. Nutzungsfrequenz, Selbstwirksamkeit, Lernerfolg) zu verknüpfen
  • Vergleichsstudien, um unterschiedliche didaktische Settings mit und ohne Wiki-Anwendung zu analysieren

Langfristig sollten partizipative Forschungsansätze bvorzugt werden, bei denen Studierende aktiv an der Weiterentwicklung des Tools beteiligt sind.